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Megatrend Urbanisierung

Eine neue Lebens- und Denkweise

Megatrend Urbanisierung

Unser Experte Peter Wallner analysiert für Sie den Megatrend Urbanisierung.

Peter Wallner Geschäftsführer InWIS

Peter Wallner
Geschäftsführer InWIS Strategie und Beratung

„Auch wenn die Urbanisierung in Deutschland nach internationalen Maßstäben moderat abläuft, stellt sie alle Akteure doch vor große Aufgaben. Die Wohnungsunternehmen arbeiten mit Hochdruck daran, mehr Wohnfläche bereit zu stellen und stellen sicher, dass die Qualität im Bau wie im Quartier erhalten bleibt. Aber in letzter Konsequenz wird es vor allem darum gehen, den verfügbaren Raum intelligent zu managen und – wie das beim Thema Mobilität bereits erfolgt – radikal andere Wege zu erdenken.“

Das Wichtigste zum Megatrend Urbanisierung auf einen Blick

  • Das rasante Städtewachstum sowie damit einhergehend stets knapper werdender Wohnraum fordern eine gelungene Gestaltung der Condensed Spaces.
  • Alternative Mobilitätskonzepte und eine angepasste Infrastruktur spielen hierbei eine immer bedeutendere Rolle.
  • Die Sehnsucht der Städter nach naturnahen und stressfreien Lebensräumen fördert den Trend zu dörflichen Strukturen innerhalb der Stadt, beispielsweise zum Urban Gardening, zu gemeinschaftlich genutzten Grünflächen und Nachbarschaftsinitiativen.

Alles zieht in die Stadt

Schon in den 80er Jahren war in der Soziologie die „Verstädterung“ ein großes Thema und im Prinzip muss man sagen, dass es den massiven Trend in die (damals Produktions-)Zentren seit der Industrialisierung gibt. Insoweit ist die Aussage, dass weltweit immer mehr Menschen in Städten leben, nicht neu. Allein in den rund 30 Megacities mit 10 Mio. und mehr Einwohnern lebt weltweit etwa jeder achte Mensch.

Nun ist Deutschland nicht zuletzt aufgrund seiner föderativen Struktur ein polyzentristisches Land, aber auch hier gibt es einen klar erkennbaren Trend: Während die Republik insgesamt seit der Jahrtausendwende knapp 1 Prozent Bevölkerungswachstum verzeichnete, wuchsen die fünf größten Städte, Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt zusammen im Schnitt um über 11%. Urbanisierung lässt sich also in konkreten Zahlen messen. Sie ist aber auch ein „Lebensgefühl“, welches sich freilich nicht exakt messen lässt. Gleichwohl bringt die Urbanisierung interessante Phänomene hervor.

Lebensqualität in Condensed Spaces

Natürlich macht rasantes Wachstum in den Zentren den Raum knapp: Condensed Spaces sind dann diejenigen innerstädtischen Räume, in denen höchste Bevölkerungs-, Infrastruktur- und Mobilitätsdichte herrscht. Diese Dichte produziert Austausch, Vielfalt, Kommunikation. Manche zieht das an, für andere sind diese extremen Verdichtungsräume die zentralen Herausforderungen hinsichtlich Lebensqualität und Nachhaltigkeit.

Eine neue Gemeinschaftsform entsteht: Die Resonanzgesellschaft.

Unter dem Stichwort „New Tribes“ verbirgt sich die schlichte Tatsache, dass in der individualisierten Gesellschaft die Menschen keinesfalls stets auf sich allein gestellt bleiben. Der Erosion der traditionellen Vergemeinschaftungsformen (Familie, Nachbarschaft, Kollegenkreis) einerseits stehen neue gemeinschaftliche Muster entgegen. Diese sind allerdings nicht-exklusiv und auf Endlichkeit angelegt – damit erhöhen sich durchaus auch die Chancen auf Beteiligung. Insofern entstehen hier Möglichkeiten, in Nachbarschaften projektartig Beteiligung zu erlangen. Das ist allemal ein Pfund, mit dem die Quartiersarbeit wuchern kann.

Megatrend Urbanisierung

Die Städte wachsen rasant. Die Lebensqualität hängt zunehmend von der gelungenen Gestaltung und Organisation der Condensed Spaces ab.
Copyright: Telekom

Neue Mobilitätskonzepte, Co-Living und Micro-Housing

Aus der Verdichtung leiten sich weitere Folgephänomene ab, die für die Immobilienwirtschaft besonders relevant sind: neue Mobilitätskonzepte, Co-Living und Micro-Housing.

Während öffentlich noch vor allem über das e-Auto diskutiert wird, entwickelt sich in den urbanen Räumen die Mobilität bereits auf anderen Pfaden. Im Zuge des Bike-Booms verzichten in Städten über 500.000 Einwohner rd. 40% der Haushalte bereits ganz auf das Auto, 2003 waren es nur 22%. Und so erobert also das Zweirad die urbanen Räume.

Während vor kurzer Zeit besonders die fahrradgerechten Mittelstädte für Radfahrer attraktiv waren, erobern jetzt Biker die extremsten Verdichtungsräume und spielen da schlicht Mobilitätsvorteile aus. Die urbane Mobilitätswende ist also in vollem Gange und im Zuge der „e-Mobilität“ werden wir keinesfalls nur die Eindämmung des Dieselmotors zugunsten eines e-Autos sehen, sondern variantenreiche, flexible Mobilität.

Mit etwas weniger Nachdruck entwickeln sich die urbanen Formen des Co-Living und Micro-Housings. Insoweit sie vor allem Antwort auf Knappheit von Angebot und Raum sind und als Lebensgefühl noch nicht massentauglich, stellen sie bis auf Weiteres ein Nischenphänomen dar.

Stressfreie Nischen und die Suche nach Unverbindlichkeit und Indentität

Urbanisierung bedeutet maximale Verdichtung, das zieht wie gesagt manche an, Berlin gilt als „spannende Stadt“ und ist wie andere urbane Ballungsräume anders als in Zeiten der Industrialisierung nicht vor allem deshalb Magnet, weil man sich da Arbeit erhofft, sondern letztlich kommen viele, um Teil der Condensed Spaces zu sein. Aber natürlich gibt es auch Gegenbewegungen, die mit den Begriffen der Rural Cities und des Urban Gardening Einzug in den öffentlichen Diskurs gehalten haben.

Nicht wenige Menschen schaffen sich innerhalb der Verdichtungsräume naturnahe, stressfreie Nischen, seien es Balkone, massiv begrünte Hinterhöfe oder gar dörfliche Strukturen bei mancher Nachverdichtung. Und während über Jahrzehnte soziologisch eher so etwas wie Anonymisierung als Phänomen beschrieben wurde, findet sich nun vielfach die Lust auf lokale Communities und Identität. Dies alles nun allerdings weit weniger verbindlich, als es die Nachbarschaften der 50er und 60er Jahre waren. Und auch das Urban Gardening ist nicht die logische Weiterentwicklung des Kleingärtnervereins. Vielmehr zeigt sich hier zwar die Lust auf Natur, Ruhe, gar Idyll, aber der urbane Mensch liebt in Zeiten der Individualisierung auch die Flexibilität, die Unverbindlichkeit.

Die Erwartungen an Wohnungsunternehmen

Die Aufgabenstellungen insbesondere für Wohnungsunternehmen liegen also klar auf der Hand: Die Urbanisierung fordert einerseits Wohnraum und hier sind die Aktivitäten ja praktisch bei allen Marktteilnehmern hinsichtlich Managementaufwand und Kapitaleinsatz bis zu den Belastungsgrenzen angehoben.

Darüber hinaus aber stellen sich vor allem drei deutlich komplexere Aufgaben. Die Mobilitätswende bietet Raum für die Neugestaltung von Quartieren. Das Paradigma der autogerechten Stadt hat auch autogerechte Quartiere hervorgebracht. E-Mobilität und Bike-Boom bedeuten daher auch neue Verfügbarkeit von Raum und neue Gestaltungsoptionen im Quartier.

Zweitens wird sich gerade in den Wohnquartieren der klassischen Wohnungsunternehmen Anlass und Gelegenheit bieten, den Gegenbewegungen Raum zu verschaffen und bei aller Urbanisierung auch Kleinräumigkeit und Naturnähe erlebbar zu halten. Dies ist deshalb gut möglich, weil die Lagen dieser Marktteilnehmer ja in der Regel nicht absolut zentral sind, sondern durch den Siedlungsbau der 50er, 60er und 70er Jahre geprägt.

Drittens bedeutet Urbanisierung natürlich auch, dass die Erwartungen an diese Räume besonders hoch sind, was etwa die Ausprägung von Smart City und Ähnlichem angeht.

Wir müssen nicht so weit gehen und die total vernetzte Stadt fordern, aber Wohnquartiere ohne WLAN in Städten, die vor allem urbanes Publikum anziehen, sind natürlich ein Anachronismus und hier wartet auf die Wohnungsunternehmen viel Arbeit.

In diesem Sinne, bleiben Sie also neugierig!

Zum Hintergrund

Die Infografik zum Megatrend Urbanisierung jetzt herunter laden. Alles kompakt und auf einen Blick.

Diese Megatrends haben wir für Sie aufbereitet:

MEGATREND GESUNDHEIT

MEGATREND KONNEKTIVITÄT

Demnächst verfügbar

MEGATREND URBANISIERUNG

MEGATREND INDIVIDUALI­SIERUNG

MEGATREND NEO-ÖKO­LOGIE

MEGATREND MOBILITÄT

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