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Was muss die Wohnungswirtschaft langfristig im Auge behalten?

Nutzungsverhalten TV heute – Wandel der Erwartungen an das Fernsehen

Was muss die Wohnungswirtschaft ihren Mietern, Bewohnern und Mitgliedern langfristig bieten, um neu entstandene Bedürfnisse zu befriedigen?

Fast alle Menschen in Deutschland (99 Prozent) nutzen täglich Medien – im Schnitt mehr als sieben Stunden pro Tag (424 Minuten netto). Davon entfällt der überwiegende Teil auf die sogenannten Massenmedien.

Was sind Massenmedien? Unter Massenmedien versteht man Kommunikationsmittel wie z. B. Fernsehen, Rundfunk, Zeitungen, die mit ihren Informationen einen sehr großen Personenkreis erreichen.

Die heutige technologische Entwicklung macht es einfacher denn je, die zur Verfügung stehenden Massenmedien zu nutzen. Ausgabegeräte wie Fernseher, Laptop, Smartphone oder Tablet sind nicht mehr aus unserem Alltag wegzudenken. Betrachtet man die Mediennutzung in Deutschland in einer gewöhnlichen Woche, bleibt TV bei den Befragten das Leitmedium mit 92 Prozent, gefolgt von PC/Laptop und Smartphone mit je 87 Prozent.

Bilder, die bewegen

Seit seiner Erfindung fasziniert das Fernsehen die Menschen, mit seinen bewegten Bildern spielt es seit den 1950er Jahren eine zentrale Rolle in unserem Leben. So wurden Zuschauer Zeugen des Wembley-Tors 1966, der Mondlandung im Jahre 1969 und des Mauerfalls 1989. Diese Ereignisse verbinden wir stark mit Bewegtbildern, die über die „Flimmerkisten“ direkt in unser Wohnzimmer übertragen wurden – und es sind nahezu die gleichen Bilder wie die in den Köpfen derer, die diese Zeit miterlebt haben.

Unser kollektives Gedächtnis ist auch durch Fernsehbilder geprägt. Sie formen unsere gemeinsame Erinnerung – ebenso wie unser Erleben der Gegenwart und unseren Blick in die Zukunft. Man kann sogar sagen, dass sie unsere Weltsicht insgesamt prägen: Unsere Vorstellungen von Politik, Wirtschaft, Kultur, Sport und Lebenswelt werden durch das Fernsehen mitbestimmt, so wie die Vorstellungen der Generationen zuvor vom Hörfunk und von der Presse geprägt waren.

So gut wie alle Haushalte in Deutschland besitzen mindestens ein Fernsehgerät

Inzwischen haben 48,6 Prozent der deutschsprachigen Bevölkerung ein Fernsehgerät im Haushalt, 35 Prozent zwei Geräte, rund zehn Prozent drei und knapp drei Prozent vier oder mehr. Bei Deutschlands beliebtestem Medium wird auch technisch gerne Schritt gehalten: So können 2020 gut 46 Prozent von sich behaupten, einen Fernseher der neusten Generation im Haushalt zu haben. Diese sogenannten Smart-TVs haben einen direkten Zugang zum Internet und zu Mediatheken.

Gebannt vor dem Bildschirm: die tägliche Nutzungsdauer

Im Jahr 2019 betrug die durchschnittliche tägliche TV-Nutzungsdauer 236 Minuten – d. h. mit knapp vier Stunden wurde dieses Medium mit Abstand am längsten genutzt. Darauf folgten das Internet mit 101 und das Radio mit 100 Minuten auf den Rängen zwei und drei.

Die Zielgruppe 50 plus kann dies im Linear-TV noch toppen: Sie sitzen – laut einer aktuellen Erhebungen aus dem Juli 2020 – im Schnitt 310 Minuten täglich vor dem Fernsehgerät. Dieser Rekord wird in dieser Zielgruppe jährlich gebrochen.

In der Zielgruppe 60 plus stehen 2020 folgende Formate ganz oben auf der Liste der beliebtesten Fernsehformate in Deutschland:

Fernsehformate

(1) Nachrichten
(2) Wissenschaftssendungen
(3) Reisemagazine
(4) Quizsendungen, Rateshows
(5) Sportübertragungen

60 plus

60,7 %
34,9 %
32,9 %
29,6 %
26,8 %

Dt. Durchschnitt

38,8 %
22,7 %
24,2 %
18,9 %
25,7 %

Bei den jungen Wilden ist TV unter den Top 5

Doch wie ist es um die jüngere Zielgruppe bestellt? Die Quote derjenigen, die fernsehen, ist bei den 14- bis 29-Jährigen rückläufig, obwohl 50 Prozent selbst ein Fernsehgerät besitzen und sogar ein Fünftel dieser Geräte internetfähig ist.

Trotzdem verringerte sich im Zeitraum zwischen 2007 und 2017 das Zeitbudget für Fernsehen um gut 30 Minuten pro Tag. Diese Zeitverschiebung kommt mit 22 Minuten der Nutzung von Internet und Streaming-Diensten wie Netflix, Prime Video und vor allem YouTube zugute.

Das Internet ist für 97 Prozent der Befragten das wöchentliche Lieblingsmedium, erst an fünfter Stelle folgt hier das Fernsehen (76 Prozent). Trotz allem sehen gut 45 Prozent der Jugendlichen täglich fern, wobei die Fernsehdauer an Werktagen von Jugendlichen auf 107 Minuten geschätzt wird. Bevorzugter Lieblingssender mit großem Abstand ist ProSieben. Am liebsten vertreiben sie sich ihre Fernsehzeit mit Sitcoms/Comedy, Comics/Zeichentrickfilmen und Scripted-Reality-Formaten/Dokusoaps.

Knapp drei Viertel der Haushalte mit Jugendlichen haben nach dem ersten Hype weiterhin zusätzlich Video-Streaming-Dienste wie Netflix oder Amazon-TV abonniert. Und eine Streaming-Box, die Audio- oder Videodateien von einem Server abspielt und beispielsweise an ein Fernsehgerät angeschlossen ist, findet sich in 29 Prozent der Haushalte. In vergleichbarer Größenordnung fällt die Verbreitung von Bezahl-Fernsehen aus (31 Prozent).

Bei der goldenen Mitte schlägt das Herz für TV, aber mit mehr Unabhängigkeit

Welcher Kategorie schließt sich die Zielgruppe der 30- bis 49-Jährigen bei diesem Thema an? Bei ihr dominiert TV mit 59 Prozent des täglichen Medienbudgets von 168 Minuten. Während die ältere Bevölkerung in Deutschland eher den öffentlich-rechtlichen Sendern zugetan ist, tendiert diese Zielgruppe den Zuschauermarktanteilen nach stärker zu RTL, ProSieben und Sat.1. Selbst aufgenommene Fernsehsendungen, Sendungen in Mediatheken und Videos von Streaming-Diensten machen derzeit 27 Prozent der täglichen Nutzungsdauer aus.

Interessant ist die allgemeine Erkenntnis, dass die öffentlich-rechtlichen TV-Anbieter fast in allen Leistungskategorien positiver als die Privatsender beurteilt werden – und das über alle Altersgruppen hinweg. Öffentlich-rechtliche Sender werden besonders aus folgenden Gründen als Informationsquelle bevorzugt genutzt:

  • Bieten Themen, die für die Gesellschaft wichtig sind
  • Bieten kompetent gemachte Inhalte an
  • Bieten glaubwürdige Inhalte an
  • Tragen zum gesellschaftlichen Zusammenhalt bei
  • Sind unabhängig von politischen und wirtschaftlichen Interessen
  • Bieten genau die Inhalte, die mir gefallen

Im Vergleich dazu stehen die globalen Plattformen ganz klar für reine Unterhaltung. YouTube und die weiteren sozialen Medien fallen bei der Glaubwürdigkeit und Kompetenz aktuell zurück.

Die andere Seite der Medaille: Ein gegenläufiger Trend nimmt zu

Mit der zunehmenden Nutzung von weiteren Quellen zeigt sich seit einigen Jahren ein Trend, der sich immer stärker auf das klassische, lineare TV auswirkt: Immer mehr Zuschauer möchten flexibler beim Fernsehen sein. Ein Grund: die Starre des Programms. Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache – gerade die Jüngeren wandern ab und stellen sich heute ihr eigenes Programm lieber selbst zusammen.

Bereits 2016 nutzte jeder dritte Deutsche Netflix und Co. Das lineare Fernsehen spielte nur noch für 65 Prozent der Befragten eine Rolle. Videoportale wie YouTube kamen bereits auf 51 Prozent, gefolgt von den Mediatheken der einzelnen Fernsehsender mit 33 Prozent. Direkt auf den Fersen waren Videos in sozialen Medien (31 Prozent) und Streaming-Dienste wie Netflix mit 30 Prozent. Etwas abgeschlagen – mit 21 Prozent – das Live-Fernsehen im Internet.

Auch in den älteren Zielgruppen ist die verstärkte, selbstbestimmte Nutzung von Mediatheken ein Indikator für diesen Individualisierungstrend. Bereits 27 Prozent nutzen täglich bzw. mehrmals die Woche die Mediatheken der Fernsehsender. Das große Pfund der alteingesessenen Platzhirsche ARD und ZDF sind dabei die hochwertig produzierten Serien, die vom Publikum besonders gerne in den jeweiligen Mediatheken abgerufen werden.

Das ZDF ist der Gewinner beim linearen Fernsehen, aber Spartensender holen auf

Eine Langzeitbetrachtung von ARD und ZDF zeigt: Marktführer im linearen TV bleibt das ZDF. Doch sowohl die großen öffentlich-rechtlichen Sender als auch Privat-TV-Anbieter haben ihre Mühe und verlieren Publikum an kleinere Sender. So sind Spartensender wie ZDFneo oder arte weiter stark auf der Überholspur. Hier finden Zuschauer das, wonach sie suchen und was sie bisher aufgrund fehlender Massenkompatibilität im allgemeinen Programm nicht gefunden haben. So wird jeder Fernsehliebhaber fündig. Denn nicht nur Netflix und Co. produzieren exklusive Inhalte in Eigenregie, die es so nicht in das lineare Fernsehen geschafft hätten. Auch eher klassische Sender greifen immer mehr diese Genres auf, denen sie dann in Spartensendern eine neue Heimat geben und die sie gegen Entgelt dem Nutzer anbieten. So stieg beispielsweise seit 2006 die Zahl der privaten Spartenprogramme um 53 an.

Der Zuschauerwunsch scheint bei den Verantwortlichen angekommen: ein differenziertes Medienangebot für eine individuelle Mediennutzung.

Pay-TV und Streaming ermöglichen mehr Freiheiten – und mehr Vielfalt

Pay-TV ist schon seit einigen Jahren in Deutschland bekannt. Streaming ist neu dazugekommen. Beide vereint ein großer Vorteil in einer Gesellschaft, die gerne höchst individuell und flexibel sein will: Niemand muss mehr zu einer bestimmten Uhrzeit vor dem Fernseher sitzen, um einen gewünschten Film, eine bestimmte Serie oder Nachrichtensendung zu sehen. Auch das Aufzeichnen von Inhalten entfällt. So kann rein theoretisch zu jederzeit die gewünschte Sendung gestartet werden. Über 14,5 Millionen Personen besitzen 2020 in Deutschland ein Pay-TV-Abonnement.

Top 5: Motivation für Pay-TV

Breiteres Angebot als Free-TV
Sportübertragungen
Ein Sonderangebot
Bessere Qualität (bspw. UHD)
Empfehlung von Bekannten/Familie

Prozent

12,8 %
12,1 %
8,7 %
6,0 %
5,7 %

Gründe für Besitz eines TV-Abos

Zugriff auf viele verschiedene Kanäle
Hohe Bild- und Tonqualität
Zugriff auf bestimmte Filme o. TV-Shows
Gutes Preis-Leistungs-Verhältnis
Sportprogramme

Prozent

36 %
34 %
27 %
26 %
24 %

Erwartungen an die Zukunft

Acht von zehn Deutschen schauen regelmäßig lineares TV. An diesen Wert reicht keiner der übrigen Bewegtbildkanäle heran. Doch tiefgreifende strukturelle Umbrüche sind im Hintergrund bereits im Gange. Der Haupttreiber dieser Veränderung ist die Konvergenz, das Zusammenwachsen von Internet und TV. Aktuell nehmen nur 36 Prozent der Deutschen an, dass sie TV wahrscheinlich mehr über Streaming-Anbieter als über klassische TV-Kanäle nutzen werden.

Doch die technologische Entwicklung geht rasant voran. So ist anzunehmen, dass das heute bekannte, lineare und starre Programm in Zukunft einen Wandel hin zum personalisierten TV erleben wird. Die Ansätze sind bereits gemacht. Wir werden uns nicht mehr nach dem Programm richten müssen, sondern das Programm stellt sich auf uns ein. Nicht nur inhaltlich, auch technisch wird es hier grundlegende Änderungen geben. Neue Display-Technologien werden Einzug halten, Sensoren und Gestensteuerung werden uns die Bedienung vereinfachen und intuitiv, auch sprachgesteuert, ein neues TV-Gefühl vermitteln.

Das Fernsehgerät der Zukunft wird mehr Intelligenz, Interaktion und konvergente Strukturen bereitstellen – und uns ein ganzheitliches Entertainment-Erlebnis durch verschiedenste Funktionserweiterungen, wie Online-Spiele, -Konferenzen oder -Shopping, ermöglichen. Über das TV könnten wir uns dann virtuell im Wohnzimmer treffen, unseren Alltag steuern und vor allem ein maßgeschneidertes Programm konsumieren.

Bis es in Gänze so weit ist, wird es sicherlich noch einige Zeit dauern, die Anfänge sind aber bereits gemacht.

Zum Hintergrund

Jetzt die Infografik "Nutzungsverhalten TV – Wandel der Erwartungen an das Fernsehen" herunterladen. Alle entscheidenden Zahlen, Daten und Fakten dazu kompakt und auf einen Blick.

Diese Themen haben wir für Sie aufbereitet:

MEGATREND GESUNDHEIT

MEGATREND KONNEKTIVITÄT

Demnächst verfügbar

MEGATREND URBANISIERUNG

MEGATREND INDIVIDUALI­SIERUNG

MEGATREND NEO-ÖKO­LOGIE

MEGATREND MOBILITÄT

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